Dienstag, 29. Mai 2007

Berliner Zeitung 16-11-2007

Was bunt war, ist jetzt rußgrau

Nach der Brandstiftung: Kita sucht neue Räume / Schaden 250 000 Euro

Barbara Lubina kommen nach zwei Tagen immer noch die Tränen. Den Atemschutz an ihren Mund gepresst, zeigt die Leiterin der Kindertagesstätte "Sonnenmäuse" an der Conrad-Blenkle-Straße in Prenzlauer Berg auf den verkohlten Rest eines Gruppenraums: Ein halbverbrannter blauer Kinderstuhl liegt am Boden, daneben eine angesengte Bettdecke mit grünen Clowns drauf. Nur noch Kopf und Bauch sind übrig von einem Mann, den ein kleines Mädchen gemalt hat. Die grinsende Micky-Maus auf dem Wasserhahn ist angeschmolzen. Alles Bunte ist rußgrau. Der beißende Geruch nach Rauch wird noch Monate in den Räumen der Kita hängen.

Wie es dazu kam, das hat Barbara Lubina immer noch nicht verstanden. Betont nüchtern gibt sie die Tat wider. "Hier liegt das Holz, mit dem sie das Fenster eingeschlagen hat", berichtet die Kita-Leiterin. Mit "sie" meint die 54-Jährige die Berliner Schauspielerin Maria Kwiatkowsky, die in der Nacht zu Sonntag an zehn Stellen in der Kita Feuer gelegt hat. Mit ihrem Feuerzeug hat sie alles angezündet, was ihr in die Finger kam: Handtücher, Papier, Bücher. Als Motiv hat die 20-jährige Schauspielerin der Polizei zufolge angegeben, sie habe sich mit ihrem Freund in ihrer nahe gelegenen Wohnung gestritten. Die Kita habe sie zufällig ausgewählt.

Neue Kita noch in diesem Jahr

160 Kinder haben damit am Sonntag ihr zweites Zuhause verloren. "Für sie ist es besonders schlimm. Vor allem die Älteren sind richtig durch den Wind", sagt die Kita-Leiterin. Erst so langsam werde allen klar, was sie verloren hätten. "Da sind so viele Kleinigkeiten zerstört, an die man anfangs gar nicht gedacht hat. Zum Beispiel der Teddy eines kleinen Jungen. Oder all die Zeichnungen", sagt die Erzieherin. Ihre 25 Kolleginnen kümmern sich nun um die Kinder, von denen die meisten auf vier Kitas in der Umgebung verteilt worden sind, einige bleiben vorerst zu Hause. Ab nächster Woche sollen alle 160 Kinder in sechs Kitas Platz finden. "Wir arbeiten aber verstärkt an einer Lösung, mit der wir die Kinder noch in diesem Jahr in einer Einrichtung unterbringen können", sagt Angela Kronberg vom Fachbereich Tagesbetreuung von Kindern des Bezirksamts Pankow. In Frage käme dafür eine leer stehende ehemalige Kindertagesstätte in der Nähe.

Mehr als 60 Prozent der 800 Quadratmeter großen Kita sind vom Brand betroffen, schätzt Barbara Lubina. Acht Gruppenräume samt Sanitärbereichen sind komplett verwüstet. Besonders hart getroffen hat es den Küchentrakt. "Dabei hatten wir gerade neue Kessel gekriegt. Es ist so schrecklich, wenn ohnehin so wenig Geld da ist und dann bekommt man etwas, und schon ist es wieder kaputt", klagt die Kita-Leiterin.

Wann das zweigeschossige Gebäude in der Conrad-Blenkle-Straße wieder bezugsfähig ist, darüber beraten seit gestern Gutachter von Gebäudeversicherung und Reinigungsfirmen. Noch ist die Höhe des Schadens unklar, er dürfte aber an die 250 000 Euro betragen. Zwar wird die Versicherung zunächst wohl zahlen, dann aber das Geld von Maria Kwiatkowsky wieder einklagen. Derzeit ist sie auf freiem Fuß, wird sich aber wegen Brandstiftung vor Gericht verantworten müssen. Ihr droht eine Haftstrafe von mindestens einem Jahr.

Für Barbara Lubina gibt es einen Hoffnungsschimmer. Ein Teil der Räume und des Inventars ist mit Spezialmitteln zu reinigen. "Jetzt haben wir ein Ziel", sagt sie. Sie zählt Dinge auf, die vielleicht noch zu retten sind. Damit macht sie sich Mut.

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Foto: Mehr als die Hälfte der Räume in der Kita an der Conrad-Blenkle-Straße sind durch den Brand komplett verwüstet. Ruß liegt in dicken Schichten an den Wänden und auf dem Inventar.

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Foto: Legte den Kitabrand: Schauspielerin Maria Kwiatkowsky.

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